Anlässlich der zweiten Sachverständigenanhörung zur Polizeirechtsnovelle im Sächsischen Landtag fordert Amnesty International eine menschenrechtskonforme Ausgestaltung der Regelungen zu Bodycams. Aufzeichnungen dürfen nicht nur für den Schutz der Polizei selbst genutzt werden, sondern müssen auch zur Aufklärung von Polizeigewalt dienen.
Dresden, 12. März 2019 – In einer erneuten Sachverständigenanhörung zum geplanten Sächsischen Polizeivollzugsdienstgesetz (PVDG) widmete sich der Landtag heute der Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit der Bodycams, die mit einem Änderungsantrag in den bereits vorliegenden Gesetzentwurf eingebracht wurden. Amnesty International spricht sich nicht grundsätzlich gegen den Einsatz von Bodycams aus, mahnt aber zu einer menschenrechtlichen Ausgestaltung, hinter der die neuen Bestimmungen bisher noch zurückbleiben. “Uns ist es vor allem ein wichtiges Anliegen, dass auch Betroffene von polizeilichen Übergriffen die Möglichkeit haben, die Aufnahmen zur Wahrung ihrer Interessen zu nutzen”, meint Philipp Krüger, Sprecher der Themenkoordinationsgruppe Polizei und Menschenrechte bei Amnesty International, der als Sachverständiger zur Landtagsanhörung geladen war.
Entsprechend der derzeitigen Regelungen soll die Bodycam speziell dem Schutz der Polizeibeamt_innen vor Angriffen dienen, ihre Aktivierung liegt teilweise im Ermessen der einzelnen Beamt_innen. So legitim dieses Anliegen ist, muss aus Menschenrechtsaspekten aber eine “informationelle Waffengleichheit” zwischen der Polizei und den Bürger_innen hergestellt werden, denn: Auch unverhältnismäßige Polizeigewalt ist eine Realität, die ernst genommen und entschieden bekämpft werden muss. Die Aufzeichnungen der Bodycam dürfen nicht nur einseitig die Beamt_innen schützen, sondern müssen ebenfalls den Betroffenen zur Verfügung gestellt werden, damit diese ihre Rechte durchsetzen können. Außerdem darf die Aktivierung der Bodycam nicht im Ermessen der einzelnen Beamt_innen liegen, sondern sollte grundsätzlich immer dann erfolgen, wenn die Polizei unmittelbaren Zwang einsetzt. Transparenz im Rechtsstaat ist keine Einbahnstraße. Nur wenn auch polizeiliches Handeln transparent und nachvollziehbar gemacht wird, kann das öffentliche Vertrauen in die Beamt_innen gesichert werden.
“Es muss außerdem klar sein, dass auch die Bodycams kein Allheilmittel sind. Aufgrund der schwierigen wissenschaftlichen Lage braucht es mehr unabhängige Forschung zu dem Thema”, so Krüger weiter. Studien zum Einsatz von Bodycams bringen bislang sehr widersprüchliche Ergebnisse vor: Während einige Studien darauf hindeuten, dass Bodycams Gewaltakte durch als auch gegen die Polizei verringern, legen andere Untersuchungen nahe, dass diese die Gewalt gegen Beamt_innen sogar noch verstärkt haben. Zu hoch gegriffene Erwartungen an die deeskalierende Wirkung der Bodycams sind deshalb mit Vorsicht zu genießen.
Die komplette Stellungnahme von Amnesty International zur Einführung der Bodycams kann HIER eingesehen werden.
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